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#netzTalente

„We will celebrate Peace“

Herner Schüler:innen setzen im Projekt #netzTalente ein Zeichen für Frieden und Völkerverständigung

Kinder und Jugendliche in Europa wachsen Anfang der 2020er-Jahre in einer Zeit auf, in der sie Krieg nicht nur aus Erzählungen oder dem Geschichtsunterricht kennen, sondern auch aus den Nachrichten. Sie werden mit kriegerischen Auseinandersetzungen konfrontiert, erfahren, dass Frieden und Demokratie keine Selbstverständlichkeit sind. Auf TikTok begegnen sie politischer Hetze und im Internet kursieren durch KI-generierte Fake News. Kurz gesagt: Sie wachsen in einer komplexen, globalisierten Welt auf, die durch Krisen geprägt ist. Damit sie mit diesen Herausforderungen erfolgreich umgehen und die Gesellschaft mitgestalten können, benötigen sie Bildungsangebote, die über klassische Unterrichtsmethoden und -inhalte hinausgehen. Hier setzt das Projekt #netzTalente an. Durch erfahrungsbasiertes Lernen und die Vermittlung von sozialen, demokratischen und digitalen Kompetenzen sollen Schüler:innen dazu befähigt werden, informierte, reflektierte und aktive Bürger:innen zu werden. Was dies konkret bedeutet, zeigt ein Best Practice Beispiel aus Herne.

„All of us want to live in peace,
to be happy in the universe.

No fights and no conflicts,
we will go celebrate peace.“

Von Februar bis Mai 2024 verfassten rund 300 Schüler:innen aus Herne, Hattingen und Bochum mehrsprachige Friedensgedichte. Zum Europatag wurden die Ergebnisse bei einer mobilen Ausstellung in der Herner Innenstadt präsentiert und setzten ein Zeichen für Frieden und Völkerverständigung. Initiiert wurde die Aktion von Lehrerin Barbara Koßmann, die am Mulvany Berufskolleg Europakurse leitet. Sie nahm 2023 an der Fortbildung für Lehrkräfte von #netzTalente teil und entwickelte dort eine erfolgreiche Projektidee, die sie im Anschluss an ihrer Schule verstetigte. Für einen gemeinsamen Aktionstag der Europaschulen motiviert sie auch andere Klassen mitzumachen: aus der Teilnahme an der Fortbildung ist etwas Großes entstanden.

#netzTalente ist ein Kooperationsprojekt der TalentMetropole Ruhr und der Stiftung „Lernen durch Engagement“, das Lehrkräfte in der Unterrichtsmethode „Service-Learning“ schult. Der pädagogische Ansatz integriert gemeinnützige Projekte direkt in den Schulunterricht, wodurch Schüler:innen sowohl in ihrem lokalen Umfeld aktiv werden als auch wichtige fachliche Inhalte im realen Kontext anwenden und vertiefen können. Die Kombination aus Lernen und Engagement spiegelt zwei Kernziele von Service-Learning wider: Die Demokratie und Zivilgesellschaft werden gestärkt und Schule und Lernkultur verändern sich. Mit dem erworbenen Wissen verwirklichen Lehrkräfte im Anschluss Projekte mit ihren Schüler:innen, die gesellschaftliches Engagement mit fachlichem Wissen verbinden. So erwerben Jugendliche durch die Projektarbeit soziale, demokratische und digitale Kompetenzen. Bei der Planung und Umsetzung der Engagementprojekte werden die Klassen von der TalentMetropole Ruhr begleitet.

 

Barbara Koßmann hatte – angeregt durch die zahlreichen Möglichkeiten von Service-Learning – gleich eine Idee, wie ein Projekt an ihrer Schule aussehen könnte: Der Schüleraustausch zwischen dem Mulvany Berufskolleg und der tschechischen Partnerschule in Prag sollte nachhaltiger gestaltet werden, indem die Jugendlichen gemeinsam etwas schaffen, das die Zeit überdauert.

Sie wird auf den Global Peace Path der Universität München aufmerksam und möchte sich mit ihren Schüler:innen am poetischen Friedenspfad beteiligen. „Austauschprogramme sind immer auch ein Friedensprojekt“, erzählt die Lehrerin. „Deswegen passte das Thema sehr gut.“


Doch wo beginnen? Ihre Schüler:innen setzen sich intensiv mit den Thema Krieg und Frieden auseinander, recherchieren beispielsweise zum Angriffskrieg auf die Ukraine. Doch ihre Gedanken und Gefühle in Versen zum Ausdruck zu bringen, ist schwieriger als gedacht. Hilfestellungen erhalten sie von Frau Koßmann, die ihnen unterschiedliche poetische Textformen mit an die Hand gibt. „Gedichte kommen bei Schüler:innen nicht unbedingt gut an oder lösen Hemmungen aus. Nach und nach sind die Schüler:innen aber reingewachsen. Als alle fertigen Gedichte nebeneinander hingen, wurde deutlich: Da ist etwas Großartiges entstanden“, berichtet Frau Koßmann.


In Prag geschieht zeitgleich das Gleiche: Auch hier verfassen die Schüler:innen der Ceskoslovanská Akademie Obchodní Verse für den Frieden. Beim anschließenden Austauschprogramm verbringen die Schüler:innen jeweils fünf Tage im anderen Land, das erste Treffen findet in Prag statt. Beim Austausch sollen alle Gedichte übersetzt werden, sodass sie am Ende auf Deutsch, Tschechisch und Englisch vorliegen – um internationale Verständlichkeit zu gewährleisten. Für die Übersetzung nutzen die Jugendlichen ChatGPT und setzen sich kritisch mit den Vorschlägen der KI auseinander. Durch die gemeinsame Arbeit an den Texten lernen die Schüler:innen des Mulvany Berufskollegs nicht nur digitale Tools reflektiert zu nutzen und schulen ihre sprachlichen Fähigkeiten, sie beschäftigen sich auch intensiv mit demokratischen Werten, lernen ihre tschechischen Nachbarn besser kennen und entwickeln soziale und interkulturelle Kompetenzen. „Die Schüler:innen aus Herne und Prag waren eine sehr bunte Gruppe. Sie haben sich gleich gut verstanden und angefreundet, das hat man in der gemeinsamen Arbeit schnell gemerkt“, berichtet ihre Lehrerin.

„Frieden bedeutet, in Sicherheit zu leben. Es heißt, keine Angst mehr haben zu müssen, dass einem selbst oder jemandem, den man liebt, etwas passiert. Alle Menschen werden gleich behandelt und keiner muss sich wegen Rassismus und Homophobie mehr benachteiligt, schutzlos oder ausgeschlossen fühlen. Es ist ein Miteinander und kein Gegeneinander. Wir respektieren und akzeptieren uns ohne Kompromisse und unterstützen uns als Gemeinschaft. Das ist es, was Frieden bedeutet.“

Die entstandenen Werke werden im Mulvany Berufskolleg und der tschechischen Partnerschule ausgestellt und auf der Website des Global Peace Path veröffentlicht: ein voller Erfolg. „Ich bin davon überzeugt, dass sich die Schüler:innen, die am Projekt teilgenommen haben, noch nach ihrem Schulabschluss daran erinnern werden“, sagt Patrick Wilking, der das Projekt im Rahmen von #netzTalente begleitet hat. „Gerade die Nachhaltigkeit des Erlebten macht den Global Peace Path in Herne zu einem Best Practice Beispiel für mich.“

An ihre Erfahrungen knüpft Frau Koßmann 2024 an, führt das Projekt erneut mit einem Europakurs durch und motiviert weitere Schulen im Ruhrgebiet mitzumachen. Alle Gedichte sollen nicht nur in der Schule, sondern auch an anderen öffentlichen Orten wie der Stadtbibliothek ausgestellt werden: Die Schüler:innen erhalten Anerkennung für ihr Engagement und die Friedensgedichte werden einer größeren Öffentlichkeit zugänglich gemacht, die ebenfalls profitiert.“

 

„Frieden auf der Welt
fühl dich frei,
als würdest du in Wolken fliegen
entspannt und ruhig
niemand muss sich fürchten.“

Über #netzTalente:

#netzTalente wurde 2019 konzipiert. Seitdem wurden rund 50 Lehrer.innen geschult, die an 19 Schulen in 12 Städten im Ruhrgebiet und in Nordrhein-Westfalen Engagementprojekte mit ihren Schüler:innen durchführten. Seit Anfang 2024 wird das Projekt #netzTalente von der RWE Foundation gefördert. Durch eine Förderung über drei Jahre kann das Projekt bis 2026 ausgebaut und weiterentwickelt werden.
Weitere Informationen zum Projekt: #netzTalente
 

 

Veranstalter

Das Leitprojekt Bildung