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TalentAward Ruhr

TalentAward Ruhr: Preisträger:innen 2022

Bei der Preisverleihung 2022 wurden vier Preisträger:innen vor rund 500 Gästen im thyssenkrupp-Quartier in Essen ausgezeichnet – parallel wurde die Veranstaltung im Live-Stream übertragen.

>>Über diesen Link können Sie sich die Aufzeichnung der Preisverleihung des TalentAward Ruhr 2022 ansehen.<<

Hatice Kahraman, Salon5

Fakten checken – Meinungen bilden – Medien machen

Jugendlichen eine Stimme geben, das hat sich Hatice Kahraman ganz fest vorgenommen, als im Frühjahr 2020 „Salon5“ eröffnete - die Jugendredaktion des unabhängigen, investigativen Recherchezentrums CORRECTIV. Die 28-Jährige hat die Redaktion mit aufgebaut, und sie hat mittlerweile auch die Leitung übernommen. „Ich möchte, dass die Jugendlichen ihre eigene Sprache verwenden, und nicht, dass sie irgendwo hineingequetscht werden.“

Jugendliche im Alter von 13 bis 18 können hier journalistisches Handwerk lernen und Programm machen: Social Media-Content, Podcasts, Web-Radio. Es gibt beispielsweise Themenwochen und Specials zu Rassismus, dem Krieg in der Ukraine, und es gibt das Projekt: Jugendbuch des Jahres.

Aber Hatice Kahraman möchte den jungen Leuten ebenso bestimmte Softskills vermitteln: Selbstbewusstsein, Teamfähigkeit, politische Bildung oder wie man Fakenews erkennt. Jede und jeder soll sich im „Salon5“ wohlfühlen - egal welcher Nationalität, Religion oder sozialer Herkunft. Es ist ein Ort des gegenseitigen Respekts, das ist der Journalistin ganz wichtig. „Ich komme aus einer klassischen Gastarbeiterfamilie“, sagt sie. Hatice Kahramans Großvater kam damals aus der Türkei ins Ruhrgebiet. Ihr eigener Weg in den Journalismus war ziemlich steinig. Den Jugendlichen im „Salon5“ möchte sie daher auch in Zukunft einen entspannteren und begleiteten Start ins Ausbildungs- oder Studentenleben ermöglichen.

Matthias Flüß, Städtische Gesamtschule Recklinghausen

Demokratie erleben - Menschenrechte vertreten

„Du bist wichtig, und die Gesellschaft hat es verdient, deine Meinung zu hören!“ So hat es Matthias Flüß von seinem Vater gelernt. Und genau das möchte der Gesamtschullehrer auch seinen Schüler:innen vermitteln. Und wie kann man sich am besten Gehör verschaffen?! Ja klar, auf einer Demonstration. Und so hat der 34-Jährige mit seinen Schüler:innen eine eigene Demonstration für Toleranz  geplant, organisiert und umgesetzt.

Alles begann kurz vor den Herbstferien 2017. Während Matthias Flüß mit seinen Schüler:innen im Unterricht die Menschenrechte diskutierte, wurde den Sechstklässlern schnell klar: Auch in Recklinghausen werden Menschen ausgegrenzt und diskriminiert. „Ich spürte diese Power im Raum“, sagt Matthias Flüß und erinnert sich noch genau daran, wie eine Schülerin am Ende der Stunde sagte: „Lassen Sie uns dagegen streiken!“ Und so organisierten die Schüler:innen über Wochen hinweg für den 21. März 2017  - den Welttag gegen Rassismus - ihre erste eigene Demonstration.

Um auch den nachfolgenden Jahrgängen die Möglichkeit zu eröffnen, sich zu engagieren, entwickelte Matthias Flüß seinen „Do it yourself“-Demo-Methodenkoffer. Er wollte den Kindern einen Leitfaden an die Hand geben und den Ablauf didaktisieren – unter den Leitlinien:  Verstehen, Handeln, Selbstwirksamkeit und Spaß. Der Koffer wird mittlerweile fächer- und stufenübergreifend eingesetzt. Die Demo-Vorbereitung wird Teil des Unterrichts. Neben Wissensvermittlung geht es auch um die Umsetzung in verschiedenen Teams: Z.B.im Organisationsteam, im Werbe- oder im Showteam, das sich am Tag der Demo um das Vorprogramm kümmert. Die Jugendlichen gestalten Plakate, melden die Demo bei der Polizei an, stellen das Konzept anderen Schüler:innen und der Schulleiterin vor und entdecken manchmal ganz neue Talente an sich.

Mittlerweile verleiht Matthias Flüß seinen „Do it yourself-Demo-Methodenkoffer“ auch an andere Schulen, die Idee wird skaliert. Das zweite Exemplar ist bereits in Produktion. Und auch die nächste Demo ist schon angedacht: Mit seiner 8. Klasse möchte Matthias Flüß bis zum 21. März 2023 wieder eine Demo für Toleranz initiieren – natürlich Marke: „Do it yourself!“

Ernst Nieland, muTiger-Stiftung

Persönlichkeit stärken - Zivilcourage üben

Ein Albtraum-Szenario: Ein Jugendlicher wird in der U-Bahn von einer Gruppe schikaniert, angespuckt, vielleicht sogar körperlich angegangen. Der Jugendliche kann sich nicht wehren. Trotzdem greift niemand ein. Damit genau das NICHT passiert, trainiert  Ernst Nieland (76) mit Jugendlichen und Erwachsenen in Workshops der muTiger-Stiftung Talente und Fähigkeiten, wie man sich in einer ähnlichen Situation richtig verhält -  wie man Zivilcourage zeigt, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen.

Bereits seit der Gründung der muTiger-Stiftung im Jahr 2011 engagiert sich Ernst Nieland ehrenamtlich für das Projekt. Und nicht nur das: Er hat die Inhalte der muTiger-Trainings in Zusammenarbeit mit der Polizei maßgeblich mit entwickelt. In den Kursen schlüpfen die Teilnehmenden in Live-Szenarien in verschiedene Rollen und erarbeiten bestimmte Verhaltensregeln. Z. B.: Immer das Opfer ansprechen und nicht die Konfrontation mit dem Täter suchen. Es geht in den Trainings aber auch um das eigene Selbstbewusstsein und um Wissensvermittlung. Oft sind es Schulklassen oder Gruppen von Auszubildenden, die er und seine Kolleg:innen trainieren. Und im Bestfall arbeiten die Lehrer:innen oder Ausbilder:innen die Workshop-Inhalte im Unterricht noch einmal nach.

Die Workshops sind beliebt: Im März 2022 konnte Nieland die 10.000 Teilnehmerin beglückwünschen. Neu dazugekommen sind Workshops für blinde Menschen. Und neben den Workshops bildet der Gelsenkirchener als Mastertrainer auch neue Trainer:innen aus. Das heißt aber nicht, dass Ernst Nieland ans Aufhören denkt: Er möchte gerne noch mithelfen, dass muTiger im Ruhrgebiet UND deutschlandweit Kurse für Zivilcourage anbietet: „Das wäre mein Traum!“

Natascha Dauben, Special Olympics NRW

Sportliche Aktivitäten fördern – gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen

Sport überwindet Unterschiede. „Und Sport bringt die Menschen zusammen“, das sagt Natascha Dauben und hat deshalb maßgeblich bei der Gründung der inklusiven Jugendvertretung von „Special Olympics NRW“ mitgewirkt. Der Fokus liegt bei Menschen mit geistiger Behinderung. Denn diese haben natürlich auch besondere Stärken und Talente – in der Leichtathletik, beim Schwimmen oder Tennis. Sie sind mitreißend und leidenschaftlich bei der Sache – diese Erfahrung hat Natascha Dauben gemacht. Trotzdem gibt es kaum entsprechende Angebote.

Seit 2017 engagiert sich Natascha Dauben bei „Special Olympics NRW“. Zum Kernteam der inklusiven Jugend gehören 13 Jugendliche und junge Erwachsene - mit und ohne geistige Behinderung im Alter von 14 bis 26 Jahren. Mit der inklusiven Jugendvertretung unterstützt Natascha „Special Olympics NRW“ bei der Durchführung und Planung von Veranstaltungen, organisiert aber mit ihrem Team auch eigene Aktionen für hunderte Jugendliche. Über Diversität werde nicht großartig diskutiert. „Sie wird einfach gelebt“, sagt Natascha Dauben und setzt sich dafür ein, dass Kinder und Jugendliche neben dem Sport auch ganz andere Skills und Werte ausbilden können: Selbstbewusstsein, Fairness, Konfliktlösung und Teamfähigkeit.

„Nicht so viel nachdenken, einfach mal machen!“ Das sei etwas, das man sich bei vielen Athlet:innen abgucken könne, sagt Natascha Dauben, auch deren Begeisterungsfähigkeit. „Ich finde, jeder hat das Recht, das zu machen, was er oder sie gerne machen möchte“, ist sie überzeugt. Und bei der inklusiven Jugend möchte sie allen dort diese Möglichkeit bieten.

Veranstalter

Das Leitprojekt Bildung